Hartz IV
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Sozialstaat (Art. 20 I Grundgesetz). Dem Gesetz nach darf also in Deutschland niemand obdachlos sein, hungern oder unterhalb des Existenzminimums leben. Dies hört sich traumhaft an, die Praxis sieht andres aus. Seit Einführung der sog. Hartz IV-Gesetzte erleben viele „ihr blaues Wunder“, sobald sie auf die SGB II-Träger (ARGE’n) angewiesen sind.
Typische Probleme mit den ARGE'en und Hartz IV:
- Rückforderungen von Leistungen
- Die ARGE bewilligt nicht die volle Miete
- Sanktionen
- Hartz IV und Eigenheim
- Einkommen und Unterhalt wird falsch angerechnet
- Leistungsversagung wegen Verstoß gegen Mitwirkungspflichten
- schleppende Bearbeitung von Anträgen
- Berechnung von Leistungen bei Selbständigen
Grundsätzliche Verhaltensregeln und Sofortmaßnahmen gegenüber Sozialbehörden:
Jede Behörde in Deutschland ist nach dem Rechtsstaatsprinzip an Recht und Gesetz gebunden. Damit unterliegen die Sozialbehörden dem maßgeblichen Verfahrensrecht für das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren. Um Ihre Rechte zu wahren, sollten Sie die Grundzüge des Verfahrensrechts kennen. Das Verwaltungsverfahren gliedert sich grob in drei Teile: Antrag, Widerspruchsverfahren und Klageverfahren.
Antrag:
Grundsätzlich gilt das Antragsprinzip. D.h. fast alle Sozialleistungen werden erst ab Antragsstellung bewilligt. Es ist daher äußerst wichtig, sein Begehren formell zu beantragen. Die Behörde ist verpflichtet jeden Antrag entgegenzunehmen und zu bescheiden, sei er noch so abwegig. Manchmal versuchen Sachbearbeiter einen Antrag abzublocken und weisen darauf hin, die begehrte Leistung gebe es hier nicht oder man sei nicht zuständig. Die Behörde ist verpflichtet, jeden Antrag entgegenzunehmen. Bitte bestehen auf die Antragsannahme. ALG II-Leistungen werden z.B. erst ab dem Tag der Antragsstellung bewilligt. Wenn Sie wieder weg geschickt werden, haben Sie den Antrag nicht gestellt und es wird schwierig nachzuweisen, dass Sie überhaupt dort waren. Die Antragsmöglichkeiten sind vielfältig. Weigert sich z.B. ein Sachbearbeiter eine Kopie auszuhändigen oder die Hereinreichung von Unterlagen zu quittieren, stellen Sie einen entsprechenden Antrag. Dieser muss entgegengenommen, bearbeitet und beschieden werden. Eine besondere Form der Antragsstellung ist der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X. Damit wird beantragt, bereits bestandskräftig gewordene Bescheide der Behörde auf Ihre Richtigkeit zu überprüfen. Sollten Sie sich die Antragsstellung alleine nicht zutrauen, haben Sie das Recht nach § 13 SGB X sich von einem Beistand begleiten zu lassen. Beistand kann jede natürliche Person sein, also auch Ihre Freunde oder Bekannten. Diese können dann bei Bedarf die Antragsstellung bezeugen. Mit der Antragsstellung wird das Verwaltungsverfahren eingeleitet. Die Behörde hat nach § 88 I SGG grundsätzlich sechs Monate Zeit den Antrag zu bescheiden. Danach können Sie die Behörde zur Bescheidung mit einer Untätigkeitsklage zwingen. Auf den Antrag folgt entweder eine Stattgabe, eine Ablehnung oder eine teilweise Stattgabe. Die Entscheidung stellt einen Verwaltungsakt dar, gegen den der Widerspruch zulässig ist.
Widerspruchsverfahren:
Gegen jede Entscheidung einer Sozialbehörde, die in die Rechte der Betroffenen eingreift bzw. diese regelt, ist grundsätzlich der Widerspruch zulässig. Der Widerspruch ist binnen eines Monats nach Zugang schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde einzulegen die den Verwaltungsakt erlassen hat. Dabei gilt der Bescheid drei Tage nach Versendung als zugegangen (§ 37 SGB X)! Wenn Sie allerdings keinen Widerspruch einlegen, wird der Bescheid rechtskräftig, obwohl er vielleicht nicht richtig ist! Der Widerspruch braucht nicht begründet zu werden. Wichtig ist allerdings, dass Sie den Zugang des Widerspruchs bei der ARGE im Zweifel beweisen müssen. Am sichersten ist es, wenn Sie gemeinsam mit einem Bekannten als Zeuge den Widerspruch bei der ARGE in den Briefkasten werfen oder sich den Eingang des Widerspruchs von dem Sachbearbeiter quittieren lassen. Durch den Widerspruch wird die Behörde gezwungen Ihre Entscheidung noch mal zu überdenken und hat Gelegenheit diese zu korrigieren. Wichtig ist, dass Sie den Widerspruch zunächst einmal fristwahrend erheben. Ein Widerspruch per Email ist nicht zulässig, da er die Schriftform nicht wahrt.
Der Widerspruch sollte an die Sozialbehörde adressiert und wie folgt formuliert werden:
Ich, Max Mustermann, lege gegen Ihren Bescheid von XX.XX.XXXX
Widerspruch ein.
Mit freundlichen Grüßen
Max Mustermann (Unterschrift)
Ob es Sinn macht, den Widerspruch weiter zu betreiben, kann später in Ruhe in einer Besprechung mit mir erörtert werden.
Klage:
Gegen die Entscheidung über den Widerspruch (Widerspruchsbescheid) ist die Klage vor dem Sozial- Verwaltungsgericht zulässig. Die Klage ist binnen eines Monats nach Zugang des Widerspruchsbescheides zu erheben.
© 2010 Tobias Kuschkewitz